Am 30.07.2019 um 17:16h wurde ein*e Genoss*in auf dem Weg nach Hause durch zwei Beamte des hessischen Verfassungsschutz angequatscht. Sie stellten sich mit den Namen Patrick Ahrends und Herr Pfälzinger vor. Beide waren laut ihren Dienstausweisen Jahrgang 1989, mittelgroß (1,70 – 1,75 m), hatten blaue Augen, trugen Dreitagebart und schwarz gerahmte, eckige Brillen. Beide hatten ähnliche Frisuren, die Haare an der Seite abrasiert, oben etwas länger und nach hinten gegelt. Wobei Herr Ahrends dunkelblonde und Herr Pfälzinger dunkelbraune Haare hatte. Herr Ahrends sprach die*den Genoss*in mit Namen an und sagte gleich, er*sie solle sich keine Sorgen machen, von dem Gespräch würde keiner etwas erfahren. Ihre*Seine Daten hätten sie über einen Verein erhalten mit dem die*der Genoss*in zu tun hatte, wobei diese Behauptung wie weiter unten dargestellt fraglich erscheint. Sie würden gerne über Nazis in der Region mit ihr*ihm sprechen behauptete Herr Ahrends noch. Die Verweigerung der*des Genoss*in mit ihnen zu sprechen, akzeptierten die beiden VSler zunächst nicht. Herr Ahrends hatte nicht nur Kenntnis darüber, wo die*der Genoss*in arbeitet, sondern war auch in Besitz ihrer*seiner Handynummer. Das stellte er der*dem Genoss*in gegenüber dann auch ungefragt unter beweis, indem er auf ihrem*seinem Handy anklingelte und ihr*ihm damit seine Nummer zukommen ließ. Er sei für sie*ihn zuständig sagte er noch, bot der*dem Genoss*in durch eine eindeutige Geste Geld für Informationen an und sagte, sie würden sich telefonisch nochmal melden. Das tat er am 31.07.2019 dann auch, wobei der Anruf von der*dem Genoss*in nicht angenommen wurde. Am Sonntag den 04.08.2019 wurde die*der Genos*in erneut von zwei anderen männlichen Personen mit verspiegelten Sonnenbrillen observiert. Einer von beiden hielt ein Audioaufnahmegerät in den Händen. Als sie*er diese mit den Worten „Na, beobachtet ihr mich wieder“ ansprach, ergriffen die beiden Männer ohne ein Wort zu sagen die Flucht.
Die*der Genoss*in hat in der Situation genau richtig reagiert und jegliches Gespräch und jede Zusammenarbeit konsequent verweigert. Das die VSler die Daten der*des Genoss*in (inklusive Handynummer, Wohnort und Arbeitsplatz) über den angeführten Verein erhalten habe, ist wie oben bereits angedeutet vor allem aufgrund der Menge an Informationen zweifelhaft. Viel plausibler erscheint es, dass der VS die Daten der*des Genoss*in von der Polizei erhalten hat. Die*der Genoss*in wurde nämlich bei der großen Anti-Nazi-Demo in Kassel am 20.07.2019 bei einer durch die Polizei brutal geräumten Straßenblockade in Gewahrsam genommen und es wurden ihre*seine Personalien festgestellt wobei auch Fotos angefertigt wurden. Das wäre aufgrund des bestehenden Kooperationsverbots zwischen Verfassungsschutz und Polizei ein Skandal, verwundert aber aufgrund immer wieder kehrender Skandale des VS und der Polizei nicht. Dass sich die beiden Beamten des VS nicht so leicht abschütteln ließen, ist wohl auch Teil ihres perfiden Spiels und zeigt, wie wichtig es, ist den Mut zu haben, ein solches Gespräch kategorisch zu verweigern. Es ist ein Skandal, dass der Verfassungsschutz als Behörde, die in Kassel an der Vertuschung von mindestens zwei rechtsextremen und rassistisch motivierten Morden beteiligt ist, Linke und Antifaschist*innen anquatscht, um Informationen von diesen zu bekommen. Das der VS an Informationen über die rechtsextreme Szene interessiert ist unterstreicht entweder die Inkompetenz dieser Behörde, die beim Thema Rechtsextremismus nicht nur nichts relevantes zur Ermittlungen beiträgt sondern diese sogar aktiv behindert. Wie in den Ermittlungen zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, bei dem der VS die Akte über den mutmaßlichen Mörder Stefan Ernst gesperrt hat. Wahrscheinlicher ist, dass das Interesse an Rechtsextremisten nur vorgeschoben war und das die VSlern viel mehr an Informationen über Linke interessiert sind. Das ist angesichts des erstarkenden Rechtsextremismus ein Beleg dafür, wie sehr der VS selbst Teil des Problem ist. Der VS ist vehementester Vertreter der Extremismustheorie und relativiert durch die Gleichsetzung von Links und Rechts rechten Terror und Rassismus. Der VS unterstützt rechte Netzwerke und Strukturen finanziell und durch Informationen. Spätestens der NSU-Skandal hat gezeigt, dass der Verfassungsschutz niemals Lösung gesellschaftlicher Probleme sein kann, sondern dass diese durch den VS sogar noch aktiv verstärkt und verschärft werden. Dass kurz nach einer großen Demo gegen Nazis in Kassel ein solcher Anquatschversuch durch den VS gemacht wird, unterstreicht dies nochmal. Es ist niemals eine Option mit dem VS zu reden. Deren Mitarbeiter*innen sind bestens geschult und lassen sich auch nicht austricksen. Jede Information, die diese in einem „unverfänglichen“ Gespräch erhalten, ist eine Information zu viel!
Also: Solltet ihr von Beamt*innen des Verfassungsschutz angequatscht werdet, verweigert unbedingt jedes Gespräch! Ihr müsst kein Wort mit denen wechseln, da der VS keinerlei polizeiliche Befugnisse hat. Meldet Euch möglichst verschlüsselt bei uns, um das weitere Vorgehen zu besprechen, holt euch Rat von solidarischen Anwält*innen, an die wir Euch gerne vermitteln und macht den Anquatschversuch öffentlich. Am Freitag, den 16.08.2019 ist im Infoladen an der Halitstraße von 16 bis 18h die Antirepressionssprechstunde der Roten Hilfe. Diesmal als Betroffenentreffen für diejenigen, die im Zuge der Demo am 20.07.2019 gegen die Nazi-Partei „Die Rechte“ Repression erfahren haben. Dazu zählen neben Gewalt und Repression durch die Polizei auch Anquatschversuche, wie der hier dokumentierte.
Mehr Infos zu Anquatschversuchen allgemein findet ihr unter:
https://rote-hilfe.de/downloads1/category/3-was-tun-wenn-s-brennt-und-rechtshilfe-infoflyer-zu-spezifischen-themen?download=22:anquatschversuch-was-tun-information-der-roten-hilfe-zu-kontaktaufnahme-von-vs-und-staatsschutz