Freispruch für Aktivisten im Zusammenhang mit Tortenwurf auf Beatrix von Storch

Am Mittwoch den 17. Mai wurde im Prozess im Amtsgericht Kassel ein Aktivist vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs freigesprochen. Keine*r der sechs Zeug*innen konnte den Aktivisten mit der Tat in Verbindung bringen. Vor allem die Zeug*innen der Bundespolizei die zwei Menschen nach der extrem vagen Beschreibung „dunkle Kleidung, linkes Spektrum“ am Bahnhof Wilhelmshöhe festnahmen, blamierten sich im Zeug*innenstand. Die Beschreibung ihrer „Fahndung“ und der Beschreibung ihrer Gründe, warum sie genau diese beiden Menschen festnahmen war sehr erheiternd, durch das verquere und klischeebeladene Bild welches sie von linken Aktivist*innen zeichneten (unordentliche Kleidung, bunte Schnürsenkel) und sie zur Repression bewog.

Daraufhin war selbst der Staatsanwalt nicht mehr in der Lage, die Anschuldigung aufrecht zu erhalten. Dem hatte weder der Verteidiger noch der Richter etwas hinzuzufügen.

Wir freuen uns über diesen Erfolg gegen Repression und hoffen, dass dieser Erfolg viele weitere Menschen ermutigt, im Kampf gegen die AfD nicht vor möglicher Repression zurück zu schrecken. Weiterhin möchten wir herausstellen, dass es sich wieder einmal als sinnvoll erwiesen hat, dass der Beschuldigte im Vorfeld dem Strafbefehl widersprach und über die ganze Zeit auf jegliche Aussagen verzichtet hat. Wie mensch in diesem Verfahren sehen konnte, basieren die Strafbefehle der Staatsanwaltschaft nicht immer auf einer guten Beweislage. Sie schicken diese erpresserischen Strafbefehle aber trotzdem raus, in der Hoffnung die Beschuldigten knicken ein, werden eingeschüchtert und finanziell belastet.

Es war schön, dass sich so viele Menschen solidarisch gezeigt, an dem Prozess teilgenommen und somit den Angeklagten unterstützt haben. Anna und Arthur halten weiterhin das Maul und kämpfen weiterhin gegen die rassistische und nationalistische AfD!

Zum Hintergrund: Am 28. Januar 2016 betritt ein als Clown verkleideter Aktivist der Gruppe Peng! aus Berlin die geheime Tagung der AfD-Bundesprogrammkommission im Kasseler Penta Hotel und wirft der Rassistin Beatrix von Storch eine Sahnetorte ins Gesicht. Die antifaschistische Intervention bekommt große mediale Aufmerksamkeit unter dem Schlagwort #TortalerKrieg. Nur wenige Stunden später hissen Aktivisten*innen auf dem Dach des Hotels ein Banner mit der Aufschrift „Rassismus tötet“ und die Gruppe A & O ruft zu einer spontanen Protestkundgebung vor dem Penta Hotel auf. Etliche Menschen folgen diesem Aufruf.

Gleichzeitig trifft ein großes Aufgebot der Polizei ein. Diese nehmen zwei Menschen in der Nähe des Bahnhofs Wilhelmshöhe fest. Einer der beiden Menschen muss im Anschluss an die Personalienkontrolle einige Stunden in Polizeigewahrsam verbringen. Der sichtlich überforderte Hotelmanager des Penta Hotels lässt aus Angst vor der Öffentlichkeit die AfD zwar von der Polizei aus dem Saal schmeißen, da die Politiker*innen sich weigern, freiwillig zu gehen. Er erstattet aber auch Anzeige wegen Hausfriedensbruch gegen die beiden Festgenommenen.

Wir solidarisieren uns auch mit der Aktivistin, der am 12. Juni in Kiel der Prozess gemacht wird wegen eines weiteren Tortenwurfs auf Beatrix von Storch!

Bundesregierung kommt der Türkei entgegen und weitet PKK-Verbot in Deutschland aus

Wir dokumentieren eine Pressemitteilung von AZADÎ e.V., Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland und CIVAKA AZAD, Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit vom 9. März 2017

Während in den Medien von einem tiefgreifenden Zerwürfnis des deutsch-türkischen Verhältnisses anlässlich der Wahlkampfauftritte türkischer Minister in Deutschland die Rede ist, läuft die Zusammenarbeit hinter den Kulissen geschmiert wie immer. Anlässlich kurdischer Demonstrationen in Hannover und München kam zu Tage, dass das Bundesinnenministerium (BMI) den Forderungen der türkischen Regierung, stärker gegen die Arbeiterpartei Kurdistans PKK vorzugehen, umgehend entsprochen hat. Mit einem Erlass vom 2. März wurde die Anzahl der Gruppierungen, deren Fahnen und Symbole auf der Grundlage des seit 1993 bestehenden PKK-Verbots nicht öffentlich gezeigt werden dürfen, erheblich ausgeweitet. Mit deutscher Akribie wurden sämtliche Institutionen und Organisationen gelistet, denen eine Nähe zur PKK unterstellt wird. Darunter fallen auch sämtliche Frauen- und Jugendorganisationen, wie etwa der kurdische Studierendenverband YXK. Von besonderer Brisanz ist, dass erstmalig auch kurdische Parteien und Verbände in Syrien – namentlich die Partei PYD und der Streitkräfteverband YPG – als „Auslandsableger“ der PKK unter das Vereinsverbot subsumiert werden. Diese erweisen sich in Syrien zusammen mit verbündeten arabischen Bevölkerungsgruppen als Anker der Demokratie und Stabilität und werden in ihrem Kampf gegen den „Islamischen Staat“ auch von den USA unterstützt.

Die Erweiterung der Verbotsliste durch das BMI hat weitreichende Folgen für das innenpolitische Klima in Deutschland. Sie bedeutet einen direkten Angriff auf die politische Identität von etwa 800.000 in Deutschland lebenden Kurdinnen und Kurden und hebelt grundgesetzlich geschützte Rechte, wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit, weitgehend aus. Vermehrte Auseinandersetzungen mit der Polizei bei vom Verlauf her friedlichen Demonstrationen sind vorprogrammiert und politisch gewollt, um das Feindbild der angeblich gewaltbereiten Kurdinnen und Kurden aufrecht zu erhalten. Die Folgen werden weitere Hunderte von Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen Artikel 20 Vereinsgesetz aufgrund des Zeigens verbotener Symbole sein. Während sich die Bundesregierung nach außen gegen ausufernde Terrorismusvorwürfe in der Türkei – aktuell gegenüber dem deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel – wendet, weitet sie diese Vorwürfe in Deutschland ebenfalls aus.

Die außenpolitische Dimension der Ausweitung des PKK-Verbots

Neben den innenpolitischen Folgen hat die Listung der kurdischen Parteien und Verbände auch gravierende außenpolitische Auswirkungen im Mittleren Osten. Die Türkei macht keinen Hehl daraus, dass ihr Einmarsch in Syrien vor allem dem Ziel dient, die kurdisch/arabischen Selbstverwaltungsstrukturen im Norden Syriens zu schwächen und zu zerstören. Seit Tagen greift die türkische Armee und mit ihr verbündete Söldner Dörfer im Umfeld der von den SDF befreiten Stadt Minbic (Manbidsch) an. Auf jedem internationalen Treffen stellt die Türkei die Forderung, den „Islamischen Staat“ und PYD/YPG als terroristische Organisationen auf eine Stufe zu stellen. Mit ihrer Listung dieser Organisationen als PKK-Ableger hat die Bundesregierung dieser Forderung entsprochen und der Türkei einen Freibrief ausgestellt für ihr von neo-osmanischem Größenwahn geprägtes destruktives Vorgehen in Syrien und auch im Irak. Deutschland positioniert sich damit auch gegen die USA, um in enger Zusammenarbeit mit der Türkei ihre eigenen geopolitischen Ziele in der Region zu verwirklichen. Im Irak rüstet die Bundesregierung die Peshmerga des eng mit der Türkei verbundenen Präsidenten der kurdischen Regionalregierung, Mahmut Barzani, auf. Teile von diesen attackieren aktuell in der Region Șengal die von den Yeziden aufgebauten Selbstverwaltungs- und Verteidigungsstrukturen. Ebenso ins Bild passen jüngste Meldungen, dass der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall sich an der Produktion von Panzern in der Türkei mit einem Anteil von 40 % beteiligen will.

Die Türkei ist aktuell eine Diktatur, in der über zehntausend politische Gefangene in der Türkei sitzen, darunter Abgeordnete der prokurdischen HDP und kurdische Bürgermeister. Ebenso sind die meisten oppositionellen Medien verboten und geschlossen. Zum überwiegenden Teil dient der Vorwurf terroristischer Aktivitäten für die PKK als Begründung. Mit der vom BMI angeordneten Ausweitung des PKK-Verbots stellt sich die Bundesregierung an die Seite der Türkei und trägt durch ihre politische Unterstützung und militärische Aufrüstung Mitverantwortung für die fatale Politik der AKP-Regierung unter Recep Tayyip Erdoǧan.

azadi

AZADÎ e.V., Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland, Köln
CIVAKA AZAD, Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit

AZADI Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden e.V.
Hansaring 82, 50670 Köln
Tel.: 0221-16 79 39 45 • 0174 / 65 98 967 • E-Mail: azadi@t-online.de
https://www.nadir.org/nadir/initiativ/azadi/

Repression zum TddZ in Dortmund

Am 4. Juni fand der „Tag der deutschen Zukunft“ in Dortmund statt. Knapp 5000 Polizeibeamt_innen wurden mit der Aufgabe betraut, den Aufmarsch von etwa 1000 Neo-Nazis vehement zu verteidigen. Vieler Orts kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Uns sind erste Fälle bekannt, in denen Genoss_innen Vorladungen seitens der Repressionsbehörden bekommen haben. Solltest du eine Vorladung oder einen Strafbefehl bekommen, setz dich direkt mit uns in Verbindung. Wir unterstützen und begleiten dich, niemand bleibt allein! Wir raten dir Vorladungen der Polizei nicht wahrzunehmen, den angegeben Termin nicht abzusagen und keinerlei Aussagen zu tätigen. Wir haben der Polizei und Staatsanwaltschaft nichts zu sagen. Gegen einen Strafbefehl ist umgehend und formlos Widerspruch per Einschreiben einzulegen, dieser kann später immernoch zurück gezogen werden. Wie das funktioniert steht auf der Rückseite des Strafbefehls.

Unsere Stärke ist Solidarität.

Tragt diese Information weiter, damit alle, die mit in Dortmund waren, wissen, wie sie auf eventuelle Repressionsmaßnahmen reagieren können.

Ermittlungsausschuss(EA)-nur noch auf Anfrage – Meldet euch bei Repression – Spendet Geld

Liebe Aktivist*innen,

in den vergangenen Monaten wurde jeden Montag zu den Anti-Kagida-Protesten, und auch bei anderen Veranstaltungen, von einer Gruppe der Ermittlungsausschuss gestellt.
Dies war jede Menge Arbeit. An der Auswertung der einzelnen Tage wird noch gearbeitet. Da sich die Aktivitäten jeden Montag verringern stellt die Gruppe ab sofort den EA für die regelmäßigen Termine ein. Er wird nur noch auf Anfrage aktiv (meldet euch mit pgp an kassel@rote-hilfe.de), oder aber wenn die Gruppe anderweitig von Aktionen in Kassel mitbekommt.

Infos zum Verhalten nach Polizeikontakt

Gleichzeitig möchten wir allen Menschen, welche in den vergangenen Monaten von Repression durch die Polizei betroffen waren und/oder sind den Rat geben, nicht zu Vorladungen gehen, jederzeit euer Recht auf Aussageverweigerung zu nutzen und möglichst zeitnah ein Gedächtnisprotokoll der Ereignisse zu verfassen (schreibt nichts rein, was euch belasten könnte). Desweiteren empfehlen wir, euch mit uns, der Ortsgruppe der Roten Hilfe, in Kontakt zu setzen. Es wird ab sofort an jedem 3. Freitag im Monat im AZ (Halitstraße 204) einen Soli-Tresen geben, bei welchem auch vertrauliche Gespräche angeboten werden (der nächste Soli-Tresen ist am 15. Mai ab 20 Uhr). Außerdem könnt ihr euch, am besten mit pgp-Verschlüsselung, an kassel@rote-hilfe.de wenden.

Zu guter Letzt möchten wir euch nochmal auf unsere Spendenkampagne „Because we are your friends – Organizing Solidarity“ aufmerksam machen. Im Zusammenhang mit den Aktivitäten der letzten Monate in Kassel, aber auch an anderen Orten benötigen wir jede Menge Geld um die Aktivist*innen in ihrem juristischen Kampf zu unterstützen.

Spendenflyer - Die anderen 50 Prozent

Solidarität ist unsere Waffe – Waffen kosten Geld
Bitte spendet zahlreich!

Solidarische Grüße

Eure Ortsgruppe der Roten Hilfe in Kassel